SAP und Design – passt das zusammen?

Severin Kilchhofer
UX Designer & Frontend Entwickler
Design · 26.06.2025

Unerwartet gut und erschreckend unbeachtet
Ich geb’s zu, wenn ich an SAP denke, kommen mir graue Kacheln und zu viele Dropdowns in den Sinn. Umso grösser war meine Überraschung, dass SAP offizielle Design Ressourcen zum Konzipieren von SAP Applikationen für Figma bereitstellt. Ich bin auf durchdachte Komponenten und ein konsistentes Design System gestossen. Die einzelnen Files befinden sich in der Figma Community und können von da aus kopiert werden. In den Component Properties sind alle möglichen States vorhanden. Diese Komponenteneigenschaften bestimmen, was an den einzelnen Komponenten geändert werden darf. Zusätzlich sind alle vier SAP-Themes über die Figma Variables verfügbar.

Fast niemand schaut hin
Das neue Design System von SAP ist zwar noch in der Beta aber die Files im Figma gibt es bereits seit über einem Jahr. Das am Meisten verwendete SAP Kit UI Kit für S/4HANA wurde bisher nur von ca. 4’200 Leuten geöffnet. Für eine Plattform, die weltweit in Konzernen und Behörden im Einsatz ist, wirkt diese Zahl erstaunlich klein.
Zum Vergleich: Die Meisten UI Kits bei Figma haben zwischen 100’000 und 950’000 Zugriffe. Dass das offizielle UI Kit eines Milliardenkonzerns so unter dem Radar fliegt, wirkt fast schon absurd. SAP investiert sichtbar viel in ihr Design System, doch kaum jemand nutzt es. Nach meiner Einschätzung liegt das vor allem daran, dass in vielen SAP-Projekten gar keine Designer involviert sind.
Die Sache mit der Nutzerzentrierung
Was sagt das über die Designkultur in der SAP-Welt? Ziemlich viel. Die Tatsache, dass solch hochwertige Ressourcen so wenig genutzt werden, zeigt, dass Nutzerzentrierung in vielen SAP-Projekten nach wie vor ein Fremdwort ist.
Prozesse werden digitalisiert, aber nicht vereinfacht. Applikationen werden gebaut, ohne je mit einem echten User gesprochen zu haben. Und wenn die Applikation nicht so benutzerfreundlich ist, löst man dies mit einer Anwenderschulung.
Warum wir genau hier ansetzen
Die Figma Komponenten von SAP sind da. Sie sind gut und einsetzbar. Aber sie lösen noch kein einziges Problem. Zumindest nicht von allein. Denn bevor überhaupt an Design gedacht werden kann, muss zuerst klar sein, was die Nutzenden überhaupt benötigen um ihre Aufgaben zu erledigen.
Und genau hier setzen wir an. Wir starten nicht mit der Lösung, sondern mit Fragen. Wie sieht der Arbeitsalltag aus? Was braucht der Mensch, der jeden Tag mit dieser Anwendung arbeitet, um effizienter und verständlicher durchzukommen? usw.
Wenn wir das verstanden haben, entwickeln wir einen Prototypen. Dabei sehen die Nutzer direkt was sich gegenüber heute ändern könnte und sie können sich aktiv am Prozess beteiligen. Am Ende entsteht eine Lösung, die gebraucht und einfach verstanden wird.
Die Zukunft bleibt spannend
Im SAP-Kontext, wo Anwendungen oft über Jahre hinweg gewachsen sind, bietet der nutzerzentrierte Ansatz eine riesige Chance wirklich durchdachte Funktionen zu entwickeln. Ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung des Design Systems von SAP und hoffe sehr, dass unser dieser Ansatz in Zukunft der Standard in der SAP Entwicklung wird.